Retentionmanagement – Ein Modewort oder in der Zeit von New Work und Fachkräftemangel ein Schlüsselfaktor, um die Talente im Unternehmen zu halten?

In den USA und auch in diversen europäischen Nachbarländern wird vermehrt eine bis dato nicht dagewesene Kündigungswelle von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern beobachtet. Woran liegt das? Sind die Arbeitnehmenden nach fast zwei Jahren Corona-Krise müde geworden und sehnen sich nach neuen Aufgaben und Verantwortlichkeiten? Sind sich die Arbeitnehmenden bewusst geworden, dass andere Dinge im Leben einen anderen, vielleicht höheren Stellenwert einnehmen? Ist der lange Arbeitsweg plötzlich ein Thema und das Homeoffice plötzlich liebgewonnen? Solche oder ähnliche Gedanken und Fragen werden vermutlich zu solchen Veränderungsprozessen angeregt haben. Es stellt sich die Frage, ob auch wir in der Schweiz vermehrt mit solchen veränderungswilligen Mitarbeitenden konfrontiert werden. Wird auch unsere Fluktuationsrate in den Unternehmen steigen und gewisse Positionen nur wieder schwer zu besetzen sein?

Die Corona-Zeit hat aus unserer Sicht mindestens zwei Aspekte veranschaulicht:

Ansprüche der Mitarbeitenden haben sich verändert

Einerseits wurden wir, zumindest im Lockdown im März 2020, entschleunigt. Viele Menschen haben diese Zeit auch benutzt, um sich Gedanken über ihre Zukunft zu machen. Dieser Prozess hat bei einigen das Verlangen nach Veränderung hervorgerufen. Die Unzufriedenheit mit dem Jobinhalt, mit dem Vorgesetzen aber vielleicht auch mit den fehlenden Entwicklungsmöglichkeiten kamen beim intensiven Auseinandersetzen mit der eigenen Situation zum Vorschein. Auf dem Spaziergang mit dem Partner/der Partnerin oder einem guten Bekannten in der Mittagspause – sogar dafür fand man Zeit – konnte man auch mal über Dinge «Out of the box» denken und diskutieren. Da die meisten Menschen bekanntlich das Neue nicht unbedingt suchen, die Comfort-Zone nicht unbedingt gerne verlassen, ist genug Zeit ins Land gestrichen, die Veränderungsmotivation zu stabilisieren und nun endlich in Angriff zu nehmen. Das zu Beginn der Pandemie teilweise noch fremde Arbeitsmodell von Remote Work lernte man plötzlich schätzen. Das Thema Work-Life-Balance bekam nochmals einen anderen Stellenwert. Plötzlich war es möglich auch das morgendliche Fitnessprogramm zu absolvieren.

Technologischer Quantensprung

Die schwierige Phase der Pandemie hat aus unserer Sicht jedoch, trotz der auch schwerwiegenden und einschneidenden Zeit für viele Menschen, auch positive Aspekte hervorgebracht. Die Digitalisierung wäre nie derart schnell vorangeschritten, wie wir es in den letzten zwei Jahren erlebt haben. Wer hätte wohl gedacht, dass TEAMS-, Zoom- oder Skype-Meeting für viele Mitarbeitenden, Schülerinnen und Schüler zum Normalsten und alltäglichen wird?

Veränderungen akzeptieren und Führung neu denken

Was haben diese Veränderungen nun für einen Einfluss auf die Unternehmen? Die Führungskräfte sind in den nächsten Wochen und Monaten im Bereich Peoplemanagement stark gefordert.

Die Corona-Pandemie und das Homeoffice haben nicht nur die Arbeitsweise verändert, sondern auch die Unternehmenskultur stark beeinflusst. Homeoffice oder Remote Work (hoffentlich auch wieder aus einem Co-Working-Space) werden Standard werden. Mindestens zwei Tage pro Woche werden die Mitarbeitenden so arbeiten wollen. Die emotionale Bindung an das Unternehmen muss mit geeigneten Massnahmen von Seiten der Unternehmensführung gezielt gefördert werden. Ein zentrales Thema wird dabei wohl auch die Kommunikation einnehmen. Die Unternehmenswerte müssen transportiert werden, auch ins Homeoffice. Botschaften von Seiten des CEO und/oder der Personalabteilung können hier in einem gewissen Masse unterstützen. Denkbar wären aber auch kleine Zeiteinheiten, wo es nicht nur um das Business, sondern auch um das Wohl der Mitarbeitenden geht. Dies können zum Beispiel kleine Games, Online-Gymnastik oder Ähnliches sein. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Die wöchentlichen Treffen zum «Zoom-Kaffee» oder «Zoom-Feierabendbier» sind den meisten Mitarbeitenden langsam, aber sicher zu viel. Es ist halt nicht das gleiche, wie wenn man sich vor Ort trifft. Planen Sie stattdessen doch einmal ein Online-Wettbewerb oder ein Quiz (z.B. via Kohoot!). Das bringt auch gleich ein bisschen Spass mit sich.

Die Führungskräfte sollten in Weiteren darauf achten, dass das Onboarding von neuen Mitarbeitenden zielführend geplant und umgesetzt wird. Wir wissen Alle, dass der erste Arbeitstag einer der wichtigsten Tage für einen neuen Mitarbeitenden ist. Das mindestens jährlich stattfindende Mitarbeitergespräch oder ähnlich sollte zwingend beibehalten werden. Einer der Hauptkündigungsgründe ist oftmals auch die fehlende Entwicklungsperspektive. Schauen Sie, was sie in ihrem Unternehmen für interessante Perspektiven bieten können. Das muss nicht immer eine höherwertige Funktion sein, ein spannendes Projekt stellt oftmals auch die neue und inspirierende Herausforderung dar.

Sollte trotz all der innovativen Retentionprogramme die Personalgewinnung in den Fokus rücken, sollten die Führungskräfte beachten, dass der technologische Fortschritt es nun auch möglich macht, Mitarbeitende mit einer grösseren Distanz zum herkömmlichen Arbeitsplatz zu rekrutieren. Allenfalls gibt es im Ausland geeignete Kandidatinnen und Kandidaten für unsere Vakanzen. Damit könnte allenfalls dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden.

Fazit

Bereiten Sie sich als Managementteam auf die bevorstehenden Fragestellungen frühzeitig vor. Ihre Mitarbeitenden werden, sollten Sie dazu noch nichts kommuniziert haben, mit Fragen zum Homeoffice in der Nach-Corona-Zeit an Sie herantreten. Binden Sie Ihre Mitarbeitenden allenfalls schon heute in die mögliche Arbeitsmodelldiskussion mit ein. Fragen Sie die Mitarbeitenden, was sie sich wünschen zum Beispiel auch bezüglich Retention. Es ist erwiesen, dass Mitarbeitende, die in Managementfragestellungen involviert werden, sich loyaler zum Unternehmen verhalten.

Zitat zum Schluss

«Ein Unternehmen ist nur so gut wie seine Mitarbeitenden.»

Mary Kay Ash
Amerikanische Geschäftsfrau und Gründerin von Mary Kay Cosmetics

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